Es folgt das Faksimile (originalgetreue Kopie) eines historischen Dokuments, das diese Webseite aus dokumentarischen Gründen übernommen hat. Diese kann tendenziös, überholt oder politisch extrem sein.
Die Deutsche Wirtschaftskommission hat in ihrer Vollsitzung vom 28. April 1948 nachstehende Verordnung beschlossen:
1. Das Archivmaterial über die von den Orts-, Kreis- und Landeskommissionen geprüften Fälle der Sequestrierung und Beschlagnahme ist an die Innenminister der Länder zu überführen und wird bei ihnen aufbewahrt. Abschriften der Beschlüsse der Landeskommissionen und der Landesregierungen über die Enteignungsverfahren sind vom Ausschuß zum Schutz des Volkseigentums bei der Deutschen Wirtschaftskommission in Verwahrung zu nehmen.
2. Die Enteignung erstreckt sich bei Enteignungen wirtschaftlicher Unternehmungen nicht nur auf das bilanzierte Vermögen, sondern überhaupt auf das den betrieblichen Zwecken dienende Vermögen, einschließlich aller Rechte und Beteiligungen, soweit nicht die Beschlüsse der Landeskommissionen ausdrücklich etwas anderes bestimmen.
Ist von einem Unternehmen mit mehreren Betriebsstätten nur ein Teil der Betriebsstätten enteignet worden, so gilt die Enteignung auch hinsichtlich aller anderen Unternehmensteile, die in wirtschaftlichen Zusammenhang untereinander stehen.
3. Verbindlichkeiten, die vor dem 8. Mai 1945 entstanden sind, werden von den Rechtsträgern volkseigener Betriebe nicht übernommen.
Bankverbindlichkeiten, die nach dem 8. Mai 1945 bei den neuen Kreditinstitutionen der sowjetischen Besatzungszone entstanden sind, sind von den volkseigenen Betrieben zu übernehmen. Für diese haftet der jeweilige Rechtsträger des volkseigenen Betriebes, bei dem sie ursprünglich entstanden sind.
Nach dem 8. Mai 1945 entstandene Verbindlichkeiten werden von den Rechtsträgern volkseigener Betriebe übernommen, soweit sie im normalen Geschäftsverkehr entstanden sind.
Grunddienstbarkeiten (z. B. Wegerechte und Wasserrechte) bleiben, soweit sie öffentlichen Interessen und wirtschaftlichen Notwendigkeiten entsprechen, bestehen. In Zweifelsfällen entscheiden darüber die Wirtschaftsminister.
Regreßansprüche für die Zeit der Sequestrierung können gegenüber den Verwaltungsdienststellen nicht geltend gemacht werden.
4. Nach dem in Befehl Nr. 64 angeordneten Abschluß der Sequestrierungen sind Rechtsmittel gegen die Enteignungen und sonstige Maßnahmen zur Wiederaufnahme von Sequesterverfahren nicht mehr zulässig.
5. Die zuständigen Grundbuchämter haben auf Ersuchen der Landesregierungen den bisherigen Eigentümer innerhalb von 5 Tagen zu löschen und in Spalte 2 einzutragen »Eigentum des Volkes«. Die für die Führung der Handelsregister zuständigen Amtsgerichte haben auf Veranlassung der Landesregierungen die Löschungen der bisher eingetragenen Unternehmen innerhalb von 5 Tagen vorzunehmen.
Wegen der weiteren Eintragungen im Grundbuch und Handelsregister sind die Bestimmungen der Instruktionen über das Verfahren der juristischen Eintragung der Betriebe, die in das Eigentum des Volkes übergegangen sind, zu Befehl Nr.76 des Obersten Chefs der Sowjetischen Militär-Administration vom 23. April 1948 anzuwenden
6. Den in den bestätigten Listen aufgeführten enteigneten Firmen ist von den Landesregierungen eine die Enteignung feststellende Urkunde zuzustellen. In den Fällen, in denen die Enteignung nicht bestätigt wurde, ist durch die Landesregierungen die Sequestrierung aufzuheben.
Diese Erklärungen der Landesregierungen erfolgen nach den von der Deutschen Wirtschaftskommission herausgegebenen einheitlichen Vordrucken.
7. Die Durchführung dieser Richtlinien ist vom Ausschuß zum Schutze des Volkseigentums zu kontrollieren.
Berlin, den 28. April 1948
Rau Selbmann
Vorsitzender Stellv. Vorsitzender
der Deutschen Wirtschaftskommission
für die sowjetische Besatzungszone
Zentralverordnungsblatt Nr. 15/1948 S. 141
Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz.