Das war die DDR

Deutsche Grenzpolizei in der DDR (1952 - 1961)

Neuorientierung in der Grenzsicherung (1952)

Vor dem Hintergrund der Verhandlungen zur Unterzeichnung des Vertrags über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft durch die Bundesrepublik Deutschland am 26. Mai 1952 begannen nach dem Mai/Juni 1952 die bisher umfassendsten Veränderungen im DDR-Grenzregime.

Mit Einführung des nur wenig modifizierten sowjetischen Modells der Grenzsicherung wurden am 16. Mai 1952 im ersten Schritt die Grenzsicherungsorgane dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) als Deutsche Grenzpolizei (DGP) unterstellt.

Rechtliche Grundlagen für die Umstrukturierung der Grenzsicherung, versehen mit der Vorbehaltsklausel einer sofortigen Aufhebung zur Herstellung der staatlichen deutschen Einheit, schuf der DDR-Ministerrat mit der Verordnung vom 26. Mai 1952 "über Maßnahmen an der Demarkationslinie zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und den westlichen Besatzungszonen Deutschlands". Im Zuge der staatlichen Verwaltungsreform von 1952 wurden die Länderkompetenzen auf die Bezirke der DDR übertragen und die grenzpolizeilichen Zuständigkeiten in der Folgezeit konsequent auf Republikebene zentralisiert.

Umsetzung des veränderten Grenzregimes (ab 1952)

Ab 27. Mai 1952 wurde nach sowjetischem Muster an der Grenze der DDR zur Bundesrepublik Deutschland (BRD) und zu West-Berlin ein Grenzgebiet eingerichtet. Das Sperrgebiet/Grenzgebiet hatte eine durchschnittliche Tiefe von 5 Kilometern und gliederte sich in eine Sperrzone und einen Schutzstreifen, letzterer mit einer durchschnittlichen Tiefe von 500 Metern, mit Abweichungen in urbanen Räumen. Für dieses Sperrgebiet galten Aufenthalts- und Zugangsbeschränkungen. Diese Regelungen blieben später, bei Umunterstellung der Deutschen Grenzpolizei an das Ministerium für Nationale Verteidigung, in Kraft.

Im Juni 1952 wurde Grenzverletzung neu definiert:

  • Grenzverletzung sei jeder grenzüberschreitende Verkehr außerhalb der festgelegten Kontrollpunkte.
  • Jeder Versuch der Grenzübertretung sei von den Grenzpolizisten zu unterbinden.
  • Auch das Betreten des Kontrollstreifens zähle als Grenzverletzung bzw. Versuch des unerlaubten Grenzübertrittes.
  • Alle Personen, die diesen Bereich betreten, seien als "illegale Grenzgänger" sofort festzunehmen; notfalls sei von der Schusswaffe Gebrauch zu machen.

Im Sommer 1952 wurden rund 8.000 unerwünschte Personen aus dem Grenzstreifen durch die Grenzpolizei ausgesiedelt. Ab August 1952 gaben örtliche Einwohner als zivile Helfer der Grenzpolizei Unterstützung bei der Grenzsicherung.

Neben der polizeilichen Funktion erhielt die Deutsche Grenzpolizei auch eine militärische Rolle bei der Abwehr möglicher Angriffe in der Grenzzone. Dem folgte die Einführung militärischer Dienstgrade mit Wirkung vom 1. Oktober 1952. Die bisher blauen Uniformen wurden durch khakifarbene Uniformen ersetzt.

Den Moral- und Nachwuchsproblemen der Grenzpolizei aufgrund hoher Fluktuation und auch Fahnenflucht in der Grenzpolizei versuchte die SED mit Erhöhung der Besoldung und besserer Verpflegung beizukommen.

Umunterstellung, Auftragserweiterung (1953 - 1956)

Nach dem Aufstand vom 17. Juni 1953 wurde die Deutsche Grenzpolizei als selbstständige Hauptverwaltung DGP erneut dem Ministerium des Innern (MdI) unterstellt und abermals aufgestockt, bis 1954 auf rund 30.700 Polizeiangehörige.

Vom 1. April 1955 bis zum 1. März 1957 unterstand die Deutsche Grenzpolizei wieder dem Staatssekretariat für Staatssicherheit (SfS), seit 1. November 1955 wieder Ministerium (MfS). Damit verbunden waren Planungen, die Grenzpolizei und die Bereitschaftspolizei nach sowjetischem Vorbild in Innere Truppen umzuwandeln.

Mit dem Staatsvertrag zwischen der UdSSR und der DDR erlangte die DDR 1955 die Kontrollrechte über ihre Außengrenzen. Die Kontrollrechte der Alliierten blieben von dieser Entscheidung unberührt. Am 1. Dezember 1955 übernahm die Deutsche Grenzpolizei die Aufgabe der Außensicherung der DDR-Grenzen vollständig von den bisher zuständigen sowjetischen Truppen. Sowjetische Militäreinheiten zogen sich dauerhaft von der Grenze zurück. Die Westalliierten blieben bis 1990 da und patrouillierten mit schwerer Technik direkt an der Grenze.

Entwicklung zur Grenztruppe, Gliederung (ab 1957)

Der Übernahme der alleinigen Grenzsicherung durch die DGP folgte ab März 1956 die Formierung der Nationalen Volksarmee als reguläre Streitkräfte der DDR und nachfolgend die Einbeziehung der Grenzsicherungsorgane in das "System der Landesverteidigung".

Mit Wirkung vom 1. Dezember 1956 wurden Grenzpolizei, Transportpolizei und Bereitschaftspolizei mit den Wacheinheiten des MfS zusammengelegt und der Hauptverwaltung Innere Sicherheit (HV IS) des MdI unterstellt.

Zum 1. März 1957 wurde das Kommando der Deutschen Grenzpolizei (Kdo DGP) in Pätz aufgestellt.

Mit Befehl Nr. 48/57 des Ministers des Innern vom 14. August 1957 wurden der Deutschen Grenzpolizei (DGP) militärische Aufgaben zugeordnet. Der Auftrag der Grenzpolizei wurde neu formuliert als "die militärische Sicherung der Grenze gegen Angriffe von außen und die Überwindung des Grenzgebiets und Schutz ihrer Bevölkerung". Die Abwehr von Fluchtversuchen, auch mit dem Einsatz von Schusswaffen, ist in diesem Befehl weiterhin enthalten. Es wurden paramilitärische Strukturen geschaffen und entsprechende Bewaffnung und Ausrüstung zugeführt.

Damit entsprach die Regierung der DDR der gleichlaufenden Entwicklung beim Bundesgrenzschutz (BGS) der Bundesrepublik Deutschland. In den ersten Jahrzehnten war der Bundesgrenzschutz seinem Einsatzgebiet entsprechend mehr paramilitärisch als polizeilich organisiert. Noch bis Mitte der achtziger Jahre war der BGS auch mit leichten und mittleren Infanteriewaffen ausgestattet.

Mit der Reform 1957 des Grenzsicherungssystems wurden eine durchgehend militärische Struktur und ausreichende Reserven geschaffen. Anstelle von Grenzabschnittsverwaltungen wurden acht Grenzbrigaden mit -Bereitschaften, -Abteilungen, -Kompanien formiert.

  • Entlang der Grenze zur Bundesrepublik - vier Grenzbrigaden (GBr) mit circa 23.000 Angehörigen:
    • 1. Grenzbrigade (1. GBr), mit Stab in Schwerin, später in Perleberg;
    • 2. Grenzbrigade (2. GBR), mit Stab in Magdeburg;
    • 3. Grenzbrigade (3. GBr), mit Stab in Erfurt;
    • 4. Grenzbrigade (4. GBr), mit Stab in Rudolstadt, später Dittrichshütte;
  • Am "Ring um Berlin" - eine Grenzbrigade mit drei Grenzbereitschaften, mit circa 4.500 Angehörigen:
    • 5. Grenzbrigade (5. GBr) mit Stab in Groß Glienicke.
    • Für die Überwachung der Sektorengrenze war nicht die Grenzpolizei, sondern die Ost-Berliner Volkspolizei zuständig.
  • An der Grenzen zur Volksrepublik Polen und zur ČSSR - zwei GBr, mit circa 6.000 Angehörigen:
    • 7. Grenzbrigade (7. GBr), mit Stab in Frankfurt (Oder);
    • 8. Grenzbrigade (8. GBr) mit Stab in Karl-Marx-Stadt.
  • Entlang der Seegrenze der DDR und an der Ostseeküste - eine Grenzbrigade mit drei Bereitschaften, mit circa 3.500 Angehörigen:
    • 6. Grenzbrigade Küste (6. GBrK), mit Stab in Rostock.
  • Ausreichende Reserven wurden geschaffen. Dazu gehörten:
    • schwere Grenzabteilungen (sGA) der GBr und
    • Unteroffiziersschulen der GBr.
    • Ende der 1950er Jahre verfügte die Deutsche Grenzpolizei neben der polizeilichen Ausrüstung über rund 1600 Panzerabwehrkanonen, 102 weitere Geschütze, 18 Flugabwehrgeschütze und 69 gepanzerte Fahrzeuge.

Eine paramilitärische Profilierung zeigte sich auch an weiteren Merkmalen:

  • Spezialisten wurden bei der Nationalen Volksarmee ausgebildet.
  • Die Kontrollpunkte (KPP, KP) am "Ring um Berlin“ und an der Staatsgrenze West wurden von der DGP an das Amt für Zoll- und Warenkontrolle (AZKW) abgegeben.
  • Ein neues tiefgestaffeltes System der Grenzsicherung wurde eingeführt und pioniertechnisch verstärkt.
  • Die Ausbildung des Personalbestandes wurde qualifiziert und mit militärischen Elementen einer Gefechtsausbildung erweitert.
  • Der "Schwur der Grenzpolizei“ wurde in Anlehnung an den NVA-Fahneneid neu eingeführt.
  • Die Grenzbrigaden und Grenzbereitschaften erhielten Fahnen verliehen.
  • Mit der Führung der Deutschen Grenzpolizei wurde im Mai 1960 erstmals ein ehemaliger NVA-Offizier mit Truppen- und Stabserfahrung, Oberst Erich Peter, beauftragt.

Ende der 1950er Jahre verfügte die DGP über eine Personalstärke von circa 39.200 (Soll).

Ende der 1950er Jahre verfügte die Grenzpolizei neben der polizeilichen Ausrüstung über rund 1600 Panzerabwehrkanonen, 102 weitere Geschütze, 18 Flugabwehrgeschütze und 69 gepanzerte Fahrzeuge.

Bis zur Schließung der Grenze ("Mauerbau") am 13. August 1961 starben 160 Menschen beim Versuch des illegalen Grenzübertritts, darunter elf Angehörige der Grenzpolizei und ein sowjetischer Fahnenflüchtiger.

Schließung der Grenze zu West-Berlin (1961)

Kurz nach der Schließung der Sektorengrenze nach Westberlin mittels der Berliner Mauer am 13. August 1961, bei der die Deutsche Grenzpolizei neben anderen Bewaffneten Organen mitgewirkt hatte, wurde die Grenzpolizei dem Ministerium für Nationale Verteidigung unterstellt und in die Grenztruppen der NVA überführt.

Die Grenzpolizei bestand bei ihrer Überführung in die Grenztruppen aus rund 38.000 Angehörigen.

Die Abteilung Aufklärung beim Kommando der DGP arbeitete bis zum 31. Dezember 1961 selbständig mit inoffiziellen Kräften und wurde ab 1. Januar 1962 in die Hauptverwaltung Aufklärung des Ministeriums für Staatssicherheit eingegliedert.

Die 5. Grenzbrigade am "Ring um Berlin" und weitere Polizeikräfte wurden strukturell umformiert und blieben bis August 1962 in der Unterstellung des Kommandos Bereitschaftspolizei und damit des Ministeriums des Innern.

Quelle Wikipedia

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