Das war die DDR

Geschichte des Ministerium für Staatssicherheit (MfS)

Vorläufer

Das Ministerium für Staatssicherheit baute bei seiner Gründung am 8. Februar 1950 auf zwei Vorgängerorganisationen sowjetischer Prägung auf. Das Innenministerium der UdSSR (vor 1946 NKWD, ein "Volkskommissariat", ab 1946 in MWD als Ministerium umbenannt) und das damalige sowjetische "Ministerium für Staatssicherheit" KGB (1941–1946 NKGB, 1946–1954 MGB, ab 1954 KGB). Sie installierten unter Lawrenti Beria eine Reihe von selbstständigen, umfangreichen nachrichtendienstlich und polizeilich aktiven Apparaten in der sowjetischen Besatzungszone. Ihr Leiter war zunächst der sowjetische Generaloberst Iwan A. Serow, ab 1946 Nikolai K. Kowaltschuk.

Die Kommunistische Partei Deutschlands hatte bald nach der Ankunft der Moskauer KPD-Kader eine "Parteipolitische Abteilung" und einen "Grenzapparat/Verkehr" aufgebaut, die einem Nachrichtendienst gleichkamen. Im August 1946 gründete die aus der Zwangsvereinigung von SPD und KPD hervorgegangene SED die "Deutsche Verwaltung des Inneren" (DVdI), die zunächst von Erich Reschke, ab 1948 durch den ehemaligen Agenten der sowjetischen Militärspionage Kurt Fischer geleitet wurde.

Die DVdI hatte ein "K5 Referat" für die sogenannte "Kriminalpolizei 5", kurz K5. K5-Abteilungen waren vor Ort für "Straftatenklasse V" ("Straftaten anderer Art") zuständig. Auf Länderebene führten die K5-Abteilungen geheimdienstliche Operationen und Aufgaben durch, sie waren Teil der politischen Polizei. Sie waren unter anderem dazu eingerichtet worden, die von der Besatzungsmacht geforderte rasche Entnazifizierung voranzutreiben, indem sie in der sowjetischen Besatzungszone ehemalige nationalsozialistische Funktionäre erfassten und der Justiz zur schnellen Aburteilung zuführten. Von Anfang an übten Mitarbeiter des K5 auch andere Aufgaben gemäß Kontrollratsgesetz Nr. 10 (K5c) aus, wie die Bearbeitung von "Attentaten auf Personen des öffentlichen Lebens" (K5c1), "Sabotage am Aufbau" (K5c2), die Bekämpfung von "Verbreitung von antidemokratischen Hetzparolen und Gerüchten" (K5c3), "Überwachung von Funk- und Fernsprechgeräten" (K5c4) und "sonstige Verstöße gegen den demokratischen Aufbau" (K5d1 und K5d2), und damit eine Oberaufsicht über die deutsche Polizei, die Verwaltung, die Justiz und das erwachende öffentliche Leben in Gewerkschaften, Schulen und Kirchen usw.

Ab 1948 vereinheitlichte das Referat K5 der DVdI die bislang föderal organisierte Kriminalpolizei und die dazugehörende K5 auch auf der Ebene der Landeskriminalämter und Kriminalkommissariate 5 der lokalen Polizeidienststellen. Die K5 wurde nach Walter Ulbrichts Vorsprache bei Josef Stalin mit seiner Zustimmung ein selbstständiges Organ und bei der Gründung der DDR 1949 als Hauptverwaltung zum Schutze der Volkswirtschaft bekannt. Der Personalbestand der Hauptverwaltung zum Schutze der Volkswirtschaft stieg rapide von 160 Mitarbeitern 1946 auf 700 Mitarbeiter im April 1948 an.

Gründung und Aufbau

In den 1950er Jahren konnte sich die Stasi als stalinistische Geheimpolizei etablieren und zählte 1956 bereits rund 16.000 Mitarbeiter. Die Grundlage für den Aufbau einer eigenständigen Geheimpolizei legte das Politbüro der KPdSU am 28. Dezember 1948 mit dem Beschluss zur Bildung der "Hauptverwaltung zum Schutz der Volkswirtschaft". Mit diesem Beschluss konnten sich Walter Ulbricht, Wilhelm Pieck und Otto Grotewohl gegen die Befürchtungen des sowjetischen Ministers für Staatssicherheit, Wiktor Abakumow, durchsetzen, der wegen der Wirkung dieses Beschlusses auf die Westalliierten besorgt war.

Am 24. Januar 1950 fasste das Politbüro der SED den Beschluss zur Bildung des MfS. Zwei Tage später empfahl die Regierung der DDR parallel zum eigenen "Beschluss über die Abwehr von Sabotage" ebenfalls die Bildung des MfS. Am 8. Februar 1950 bestätigte die Volkskammer der DDR einstimmig das Gesetz über die Bildung eines Ministeriums für Staatssicherheit, das am 21. Februar 1950 in Kraft trat. Eine Kontrolle des neugeschaffenen Ministeriums durch Parlament oder Ministerrat war im Gesetz nicht vorgesehen. Als Leiter wurde am 16. Februar 1950 Wilhelm Zaisser ernannt. Erich Mielke war sein Stellvertreter im Range eines Staatssekretärs. Bis Ende des Jahres beschäftigte das neu gegründete Ministerium bereits rund 2700 Mitarbeiter.

Im Zuge der Verwaltungsreform von 1952 wurden die fünf MfS-Länderverwaltungen (LV) aufgelöst und stattdessen 14 Bezirksverwaltungen (BV) eingerichtet. Die 1951 gegründete Objektverwaltung Wismut (Abteilung "W") blieb bestehen. Ferner war der Aufbau eines Netzes von zunächst 192, später 216 Objekt- und Kreisdienststellen (KD) geplant. Die Deutsche Grenzpolizei und die Transportpolizei wurden dem Ministerium für Staatssicherheit unterstellt. Die Verwaltungsreform und die "Verschärfung des Klassenkampfes" führten zu einer Verdopplung des Apparates von 4500 (Ende 1951) auf rund 8800 Mitarbeiter (Ende 1952).

Volksaufstand vom 17. Juni 1953

Nachdem das MfS bei der Früherkennung und Unterdrückung der sogenannten "Zusammenrottungen" des Volksaufstandes am 17. Juni 1953 aus Sicht des Politbüros "versagt" hatte, wurde das Ministerium am 23. Juli 1953 zum "Staatssekretariat für Staatssicherheit (SfS)" zurückgestuft und dem Ministerium des Innern der DDR unter Willi Stoph unterstellt. Erst am 24. November 1955 erhielt es wieder Ministeriumsrang und bekam den Hauptverwaltung Aufklärung genannten Auslandsnachrichtendienst zugeordnet. Bei der Maßnahme handelte es sich jedoch zugleich um eine Anpassung an sowjetischen Strukturen, die von Lawrenti Beria zudem auch als taktische Geste an den Westen initiiert worden war. Im Zuge der kurz darauf ausgetragenen Machtkämpfe wurde der seit 8. Februar 1950 amtierende Minister für Staatssicherheit Wilhelm Zaisser wegen "parteifeindlicher fraktioneller Tätigkeit" seines Ministerpostens enthoben, aus dem Zentralkomitee der SED und ein Jahr später aus der SED ausgeschlossen. Auch der stellvertretende Minister Erich Mielke musste sich einer Überprüfung seiner Amtsführung unterziehen, durfte seinen Posten jedoch behalten. Leiter des SfS und danach Minister des MfS wurde Ernst Wollweber.

Eine wesentliche Rolle kam dem MfS jedoch bei der Ermittlung und Verhaftung der sogenannten "Rädelsführer" und "westlichen Provokateuren" zu. So wurden durch MfS und Volkspolizei bis zum Abend des 22. Juni 1953 über 6.000 Personen festgenommen.

Während der gesamten 1950er Jahre wurden in zahlreichen politischen Säuberungen Parteimitglieder verhaftet, die während der Zeit des Nationalsozialismus in westliche Länder emigriert waren. Auch andere SED-Mitglieder wurden Opfer dieser Aktionen. Zu den prominentesten Opfern der stalinistischen Parteisäuberungen in der DDR gehörten Kurt Müller, Willi Kreikemeyer, Paul Merker, Max Fechner, Karl Hamann und Georg Dertinger. Zudem entführte das MfS während dieser Zeit im Zuge diverser Verhaftungsaktionen gegen "feindliche Agenten" etwa 600 bis 700 Personen aus dem Westen in die DDR.

Eine kurze Phase der Entstalinisierung führte im Sommer 1956 zur vorzeitigen Entlassung von 25.000 Häftlingen, darunter zahlreiche politische Gefangene. Auch die bis dahin gängige Folterpraxis stand intern zur Diskussion. Doch bereits nach dem Volksaufstand in Ungarn 1956 folgte eine weitere Welle der Repression, der mit Wolfgang Harich und Walter Janka auch prominente Kommunisten zum Opfer fielen. Auch Wollweber geriet in offenen Konflikt mit Walter Ulbricht. Auf dessen Anordnung wurde Wollweber 1957 durch seinen Stellvertreter Mielke ersetzt. Dieser leitete das MfS bis zum 7. November 1989, dem Tag des Rücktritts des Ministerrats der DDR zur Wende.

Das MfS nach dem Mauerbau 1961

Die inneren Unruhen in Polen und Ungarn sowie die kritischen Äußerungen von Parteiintellektuellen führten zu einem neuerlichen Kurswechsel innerhalb des MfS, der Fokus lag vermehrt auf der Repression gegenüber inneren oppositionellen Kräften. Dies spiegelte sich in der "Doktrin der politisch-ideologischen Diversion" (PID) wider, die alle Formen innerer Opposition auf den Einfluss des "imperialistischen Feindes" zurückführte und zugleich die wachsende Präsenz der Staatssicherheit in allen Alltagsbereichen begründete. Begünstigt wurde dies durch den Mauerbau, der ein Abwandern von Oppositionellen verhinderte. Lagen die Hauptaufgaben des MfS vor dem Mauerbau in der Bekämpfung westlicher Geheimdienste sowie der Fluchtbewegung, so sollte das MfS künftig vermehrt präventiv potentielle Unruheherde erkennen. Als erste Bewährungsprobe für den neuausgerichteten Apparat erwies sich der Prager Frühling.

Im Mai 1971 wurde Walter Ulbricht durch Erich Honecker abgelöst. Im Zuge dessen wurde der Minister für Staatssicherheit Erich Mielke zunächst zum Kandidaten, fünf Jahre später auch zum stimmberechtigten Mitglied des Politbüros gewählt. Entscheidende Fragen der MfS-Tätigkeit berieten beide jedoch in wöchentlichen Vier-Augen-Gesprächen. Seit den frühen 1970er Jahren war die DDR verstärkt um eine internationale Anerkennung und deutsch-deutsche Annäherung bemüht. Dies führte auch zu Änderungen in den Methoden der Staatssicherheit.

Da die DDR sowohl im Grundlagenvertrag mit der Bundesrepublik Deutschland als auch mit dem Beitritt zur UN-Charta und der Unterzeichnung der KSZE-Schlussakte die Absicht zur Achtung der Menschenrechte bekundet hatte, versuchte das MfS vermehrt oppositionelles Verhalten ohne Anwendung des Strafrechtes zu sanktionieren und stattdessen auf "weiche" und "leise" Formen der Repression, wie beispielsweise Zersetzungsmaßnahmen, zurückzugreifen. Hierfür war eine systematische und flächendeckende Überwachung unter Einsatz von bis zu 200.000 inoffiziellen Mitarbeitern erforderlich. Durch Strafverfolgung, Auslands- und Technologiespionage, als Stimmungsbarometer, Zensurbehörde, zur Umgehung von Handelsembargos oder zur Devisenbeschaffung durch Haftarbeit und Häftlingsfreikauf erlangte das MfS eine Schlüsselfunktion im System der DDR.

Auflösung des MfS

Nach Plänen der SED sollte das MfS reformiert werden. Doch die Entwicklungen überholten dies. Am 18. November 1989 setzte die Volkskammer der DDR die Regierung Modrow ein, wobei das MfS in Amt für Nationale Sicherheit (AfNS) umbenannt wurde. Zum "Leiter" bestimmte sie Wolfgang Schwanitz, den Stellvertreter des abgesetzten Ministers Mielke. Mit der Umwandlung war eine Verkleinerung des Apparates geplant.

Dazu kam es jedoch nicht mehr. 17 Tage später, am Morgen des 4. Dezember 1989, wurde die Bezirksstelle des AfNS in Erfurt von Bürgern besetzt, nachdem bekannt geworden war, dass die Stasi-Akten vernichtet werden sollten. Am Abend desselben Tages folgten Bezirksdienststellen in Leipzig, Suhl und Rostock. Besetzungen in den anderen Bezirksstädten und zuletzt am 15. Januar 1990 in der Berliner Zentrale folgten. Mit der Einrichtung von Bürgerwachen und Bürgerkomitees begann die erzwungene Auflösung des AfNS und die Aufarbeitung der Tätigkeit des MfS. Knapp einen Monat nach der Gründung des Amtes für Nationale Sicherheit versuchte der DDR-Ministerrat unter Hans Modrow am 14. Dezember 1989 noch einmal, die Staatssicherheit in offensichtlicher Anlehnung an die Nachrichtendienststrukturen in der Bundesrepublik Deutschland durch einen Verfassungsschutz mit nur noch rund 10.000 Mitarbeitern und einen Nachrichtendienst zu ersetzen. Dazu kam es jedoch wegen der Bürgerproteste nicht. Am 15. Januar 1990 drängte der runde Tisch auf das schnelle Ende der Staatssicherheit. Bürgerkomiteemitglieder aus der gesamten DDR erzwangen eine Sicherheitspartnerschaft und Demonstranten stürmten das Gelände. In der Nacht bildete sich ein Bürgerkomitee, das den Auflösungsprozess überwachen sollte.

MfS Anfang 1990

Am 23. Februar 1990 billigte der Runde Tisch die Selbstauflösung der Auslandsaufklärung des MfS, der sogenannten Hauptverwaltung Aufklärung, kurz HV A. Nach zwei Wochen Diskussion wurde am 26. Februar die Vernichtung fast aller Akten und Datenträger der HV A beschlossen. Trotzdem gelangten die Mob-(Mobilmachungs-)Karteien unter ungeklärten Umständen 1990 in die Hände der CIA. Sie wurden später unter dem Namen "Rosenholz-Dateien" bekannt und 2003 der Bundesregierung kopiert überlassen. Zum 31. März 1990 waren alle Mitarbeiter der Stasi entlassen bis auf einige hundert, die befristete Arbeitsverträge erhalten hatten, um die Institution weiter abzuwickeln. Schließlich empfahl der Ministerrat am 16. Mai 1990, einen Sonderausschuss "Auflösung des MfS" zu bilden, aus dem eineinhalb Jahre später die Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR wurde.

Treuhänderische Verwaltung des Vermögens des MfS

Nach der Selbstauflösung (des MfS) und Wiedervereinigung Deutschlands unterlag das Vermögen des MfS gemäß dem Treuhandgesetz der treuhändischen Verwaltung durch die Treuhandanstalt und die Unabhängige Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der DDR (UKPV).

Quelle Wikipedia

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