Das war die DDR

Gesetz über die Gewährung des Aufenthaltes für Ausländer in der DDR vom 28. Juni 1979 - Ausländergesetz

GBl. DDR Teil 1 Nr.17/1979 S.149

Es folgt das Faksimile (originalgetreue Kopie) eines historischen Dokuments, das diese Webseite aus dokumentarischen Gründen übernommen hat. Diese kann tendenziös, überholt oder politisch extrem sein.

§ 1

Die Bestimmungen dieses Gesetzes gelten für Ausländer, die sich in der Deutschen Demokratischen Republik aufhalten.

§ 2

Ausländer im Sinne dieses Gesetzes sind Personen, die nicht die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik besitzen.

§ 3

(1) Für den Aufenthalt von Ausländern in der Deutschen Demokratischen Republik ist eine Genehmigung erforderlich.

(2) Die Einholung einer Genehmigung zum Aufenthalt in der Deutschen Demokratischen Republik ist nicht erforderlich, soweit in anderen Rechtsvorschriften oder völkerrechtlichen Verträgen entsprechende Festlegungen getroffen wurden.

§ 4

Ausländer, die sich in der Deutschen Demokratischen Republik aufhalten, haben die gleichen Rechte - soweit diese nicht an die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik gebunden sind - wie Staatsbürger der Deutschen Demokratischen Republik. Sie sind verpflichtet, die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik zu achten und die Gesetze und anderen Rechtsvorschriften der Deutschen Demokratischen Republik einzuhalten.

§ 5

(1) Über die Gewährung oder die Aberkennung des Asyls entscheidet der Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik.

(2) Der Ministerrat kann die Entscheidungsbefugnis delegieren.

§ 6

(1) Die Genehmigung zum Aufenthalt in der Deutschen Demokratischen Republik wird durch das Ministerium des Innern, die Dienststellen der Deutschen Volkspolizei - Paß- und Meldewesen - oder andere berechtigte Organe der Deutschen Demokratischen Republik erteilt.

(2) Die Erteilung einer Genehmigung zum Aufenthalt in der Deutschen Demokratischen Republik kann von der Vorlage entsprechender Unterlagen abhängig gemacht werden.

(3) Die Genehmigung kann zeitlich und örtlich beschränkt, versagt, entzogen oder für ungültig erklärt werden. Die Entscheidung bedarf keiner Begründung.

(4) Die Genehmigung erlischt durch Fristablauf oder Ausreise aus der Deutschen Demokratischen Republik, sofern eine Wiedereinreise nicht genehmigt wurde.

§ 7

(1) Ausländer, die sich in der Deutschen Demokratischen Republik aufhalten, haben, wenn die Genehmigung zum Aufenthalt

a) durch Fristablauf ungültig wurde und eine Verlängerung versagt wird,

b) entzogen oder für ungültig erklärt wurde,

die Deutsche Demokratische Republik unverzüglich zu verlassen. Ausländer, die dieser Verpflichtung nicht nachkommen, können ausgewiesen werden.

(2) Die Entscheidung über die Ausweisung treffen die im § 6 Absatz 1 genannten Organe sowie die staatlichen Untersuchungsorgane.

(3) Die Entscheidung ist dem Ausländer unter Angabe des Zeitpunktes und des Ortes des Grenzübertritts schriftlich oder mündlich bekanntzugeben. Gegen die Entscheidung kann Beschwerde eingelegt werden.{1}

(4) Der Ausgewiesene kann zur Sicherung der Ausweisung bis zum Ort des Grenzübertritts durch beauftragte Personen begleitet werden.

§ 8

(1) Ein Ausländer kann zur Vorbereitung oder Durchführung der Ausweisung in Ausweisungsgewahrsam genommen werden, wenn Tatsachen vorliegen, die darauf schließen lassen, daß er

1. noch notwendige Ermittlungen über die Voraussetzungen der Ausweisung behindern wird oder

2. der Flucht verdächtig ist oder die Durchführung der Ausweisung auf andere Weise erschweren wird.

(2) Über die Anordnung des Ausweisungsgewahrsams entscheidet der Richter auf Antrag der zur Entscheidung über die Ausweisung berechtigten Organe der Deutschen Demokratischen Republik durch schriftlichen begründeten Beschluß. Der Richter hat den Ausländer vor der Entscheidung zu hören. Der Beschluß ist dem Ausländer bekanntzugeben. Die Bekanntgabe ist zu protokollieren.

(3) Örtlich zuständig für die Entscheidung ist das Kreisgericht, in dessen Bereich der Ausländer seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort hat. Örtlich zuständig ist auch das Kreisgericht, in dessen Bereich der Ausländer sich zuletzt aufgehalten hat oder auf Anordnung eines staatlichen Organs untergebracht ist.

(4) Beschwerde und Kassation sind zulässig. Der Ausländer ist über das Beschwerderecht zu belehren. Die Beschwerde ist innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung beim Kreisgericht einzulegen. Das Bezirksgericht entscheidet über die Beschwerde endgültig.

(5) Der Ausweisungsgewahrsam ist auf den Zeitraum zu beschränken, der zur unverzüglichen Vorbereitung oder Durchführung der Ausweisung erforderlich ist. Er darf 6 Wochen nicht überschreiten. Das Kreisgericht darf den Ausweisungsgewahrsam durch Beschluß um weitere 6 Wochen verlängern, wenn dies zur Durchführung der Ausweisung unumgänglich ist. Im Beschwerdeverfahren trifft diese Entscheidung das Beschwerdegericht.

(6) Ein Ausländer darf vorläufig in Ausweisungsgewahrsam genommen werden, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen. Die Anordnung des vorläufigen Ausweisungsgewahrsams erfolgt durch die Deutsche Volkspolizei oder ein staatliches Untersuchungsorgan. Der Ausländer ist spätestens am Tage nach seiner vorläufigen Ingewahrsamnahme zur Entscheidung über den Ausweisungsgewahrsam gemäß Absatz 2 dem zuständigen Kreisgericht vorzuführen.

§ 9

Der Ministerrat, der Minister des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei und der Minister der Justiz erlassen die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Rechtsvorschriften.

§ 10

(1) Dieses Gesetz tritt am 1. August 1979 in Kraft.

(2) Gleichzeitig tritt die Verordnung vom 14. Dezember 1956 über den Aufenthalt von Ausländern im Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik (GBl. I 1957 Nr. 1 S. 1) außer Kraft.

Das vorstehende, von der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik am achtundzwanzigsten Juni neunzehnhundertneunundsiebzig beschlossene Gesetz wird hiermit verkündet.

Berlin, den achtundzwanzigsten Juni neunzehnhundertneunundsiebzig

 

Der Vorsitzende des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik

E. H O N E C K E R

 


1  Das Beschwerdeveriahren regelt sich zur Zelt nach § 19 des Gesetzes vom 11. Juni 1968 über die Aufgaben und Befugnisse der Deutschen Volkspolizei (GBl. I Nr. 11, S. 232) i. d. F. des Gesetzes vom 24. Juni 1971 über die Neufassung von Regelungen über Rechtsmittel gegen Entscheidungen staatlicher Organe (GBl. I Nr. 3 S. 49).

Gesetzblatt DDR Teil 1 Nr.17/1979 S.149

Creative Commons Lizenzvertrag
Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz.

Dieser Artikel ist auch als PDF verfügbar

Seite 200 von 389

Hier geht's zum Podcast "Eliten in der DDR" bei MDR.DE