Das war die DDR

Direktive Nr. 18 des Kontrollrats der Alliierten Kontrollbehörde vom 12. November 1945

AB/KR Dtl. 1946 Nr. 3 v. 31.1.1946 S. 43

Es folgt das Faksimile (originalgetreue Kopie) eines historischen Dokuments, das diese Webseite aus dokumentarischen Gründen übernommen hat. Diese kann tendenziös, überholt oder politisch extrem sein.

Entlassung und Auflösung der deutschen bewaffneten Kräfte

 

Der Kontrollrat verfügt wie folgt:

1. Angehörige der ehemaligen Wehrmacht und der angegliederten militarisierten Streitkräfte, einschließlich der Militärbeamten und Kriegsgefangenen, werden aus dem Militärverhältnis entlassen, unter Berücksichtigung der folgenden Umstände:

  1. die Anforderungen von deutschen Arbeitskräften durch die alliierten Nationen;
  2. die Notwendigkeit, Kriegsverbrecher und Personen, die unter dem Verdacht von Kriegsverbrechen stehen oder eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit bedeuten könnten, bis zum Beweis ihrer Schuld in Haft zu halten;
  3. die Notwendigkeit, Offiziere der ehemaligen Wehrmacht und der angegliederten militarisierten Verbände, welche eventuell eine Gefahr bedeuten können, in Haft zu halten.

2. Die Entlassung der deutschen Kriegsgefangenen wird planmäßig in die Wege geleitet und überwacht werden. Jeder Kriegsgefangene wird offiziell aus dem Gefangenenlager entlassen und erhält einen Entlassungsschein. Das als Entlassungsschein zu benutzende Formular wird den Zonenbefehlshabern zugeschickt.

3. Die ehemaligen Wehrmachtangehörigen werden in die Zone Deutschlands entlassen, wo ihr früherer Wohnort lag, und zwar gemäß den in Anhang "A" enthaltenen Bestimmungen ("Vorschriften und Richtlinien für die Überführung von Kriegsgefangenen von einer Besetzungszone in die andere").

4. Die ehemaligen Wehrmachtangehörigen, deren früherer Wohnort Berlin war, dürfen erst dann nach Berlin entlassen werden, wenn die Einzelheiten durch Abmachungen zwischen dem Zonenbefehlshaber, in dessen Verwahr die betreffenden Kriegsgefangenen sich befinden, und der Alliierten Kommandatura in Berlin geregelt sind. Anderweitige Entlassungen nach Groß-Berlin dürfen nicht stattfinden.

5. Von den in Deutschland untergebrachten Kriegsgefangenen werden diejenigen, die nicht deutscher Herkunft sind, mit Ausnahme der Österreicher, sobald wie möglich heimbefördert. Die Rücksendung in die Heimat soll nicht wegen etwaigen Einsatzes in von den Alliierten aufgestellten Arbeitsplänen verzögert werden. In solchen Fällen ist keine formelle Entlassung erforderlich; eine Ausnahme bildet die Entlassung von Österreichern, deren Rückbeförderung nach Österreich gemäß den mit den jeweiligen nationalen Bestandteilen des Alliierten Kontrollrates in Österreich bestehenden Abmachungen stattfinden wird.

6. Folgende Bestimmungen werden auf die sich außerhalb Deutschlands befindlichen Kriegsgefangenen Anwendung finden:

  1. Außerhalb Deutschlands untergebrachte Kriegsgefangene werden zunächst in die Zone überführt, die von der Macht besetzt ist, in deren Gewahr der betreffende Kriegsgefangene sich gegenwärtig befindet. Später werden sie dann in die Zone ihres früheren Wohnortes befördert.
  2. Diese Verschiebungen werden von der betreffenden Macht zu einem ihr passenden Zeitpunkte vorgenommen, vorausgesetzt, daß kein von den Alliierten betreffs zu leistender Reparationsarbeiten getroffenes Abkommen dazu in Widerspruch steht.
  3. Die Verschiebung von außerhalb Deutschlands untergebrachten Kriegsgefangenen, die in dem Verwahr einer alliierten Nation sind, die keine Besatzungsmacht ist, wird durch Verhandlungen zwischen der Regierung der betreffenden alliierten Nation und dem Kontrollrat geregelt. Der Kontrollrat wird von den in Frage kommenden nationalen Regierungen statistische Angaben über den Bestand an Kriegsgefangenen erhalten.
  4. Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland werden die Kriegsgefangenen gemäß dem üblichen Entlassungsverfahren entlassen.
  5. Abmachungen für die Heimbeförderung nichtdeutscher Kriegsgefangener, die sich außerhalb Deutschlands befinden, werden unmittelbar zwischen den alliierten Regierungen und den Regierungen der Staaten, denen die Gefangenen angehören, getroffen.

7. Alle ehemaligen nach Deutschland entlassenen Kriegsgefangenen müssen sich nach Ankunft in ihrem Wohnorte binnen 48 Stunden bei der örtlichen Zivilbehörde anmelden. Diejenigen, die es unterlassen, sich innerhalb der gegebenen Frist anzumelden, werden bestraft.

8. Fahnenflüchtige und Nachzügler der ehemaligen Wehrmacht in den verschiedenen Zonen werden von den Zonenbefehlshabern angewiesen werden, sich zu einer geeigneten Zeit bei einer passenden Sammelstelle zu melden, um dort mit den nötigen Papieren ausgestattet und nach den gegenwärtigen Richtlinien abgefertigt zu werden. Wer diesen Anweisungen nicht Folge leistet, wird verhaftet und bestraft.

9. Der Schutz vor Vernichtung und die Übernahme seitens der Alliierten der Archive, Bücher, Pläne, Urkunden, Briefe, Akten und sonstiger Angaben und Unterlagen, die der ehemaligen Wehrmacht und den angegliederten militarisierten Verbänden oder von diesen kontrollierten Organen gehörten, müssen mit sorgfältiger Aufmerksamkeit verfolgt werden. Die sich daraus ergebenden Auskünfte und Angaben werden ihre angemessene Verwendung bei dem Entlassungsverfahren finden, und zuletzt wird auf Anordnung des Kontrollrates in einer Weise über sie verfügt, die solche Auskünfte und Angaben dem Zugriff der deutschen Regierung dauernd entzieht.

10. Der Kontrollrat wird die Zonenbefehlshaber über die für Entlassungszwecke erforderlichen Angaben benachrichtigen.

 

Ausgefertigt in Berlin, den 12. November 1945.

(Die in den drei offiziellen Sprachen abgefaßten Originaltexte dieser Direktive sind von V. Sokolowsky, General der Armee, Lucius D. Clay, Generalleutnant, B. H. Robertson, Generalleutnant, und L. Koeltz, Armeekorpsgeneral, unterzeichnet.)

 

Anhang "A"

Vorschriften und Grundsätze für den Austausch von deutschen Kriegsgefangenen von einer Besatzungszone in eine andere

1. Die Heranziehung deutscher Kriegsgefangener durch die vier Mächte zu Wiederaufbau- und Reparationsarbeiten wird durch die folgenden Bestimmungen nicht berührt.

2. Ehemalige Wehrmachtangehörige sind in die Zone Deutschlands zu entlassen, wo ihr früherer Wohnsitz war.

3. Ehemalige Wehrmachtangehörige, die sich in einer Zone befinden, welche nicht diejenige ihres früheren Wohnsitzes ist, können zwischen einer Zone und der anderen ausgetauscht werden, gemäß unmittelbar zwischen den betreffenden Zonenbefehlshabern zu treffenden Vorkehrungen.

4. Für diese Vorkehrungen werden folgende Grundsätze maßgebend sein:

  1. Beim Austausch werden die Gesamtzahl, das Tempo des Austausches, die verfügbaren Verkehrsmittel und der Austauschort berücksichtigt.
  2. Die Absendermacht wird der Empfängermacht ein Namens Verzeichnis der ausgetauschten Kriegsgefangenen zukommen lassen, mit Angabe von Name, Dienstgrad, Wohnort und anderen zwischen den betreffenden Zonenbefehlshabern abgemachten Einzelheiten. Ferner wird für jeden einzelnen Kriegsgefangenen ein Entlassungsschein ausgefertigt werden; Abschriften desselben werden an alle Zonenbefehlshaber geschickt.
  3. Grundsätzlich wird sich, wo möglich, der Austausch auf einer Mann-für-Mann-Basis abwickeln. Nach Vollzug dieses Austausches wird über die übrigbleibenden Kriegsgefangenen verfügt werden, und zwar gemäß etwaigen zwischen den betreffenden Zonenbefehlshabern noch zu treffenden Abmachungen.
  4. Um passende verwaltungstechnische Vorkehrungen zum Empfang von Kriegsgefangenen zu ermöglichen, wird der Austausch von Kranken und Verwundeten sowie von weiblichem Personal gesondert vor sich gehen.
  5. Die Überführung ehemaliger Wehrmachtangehöriger von einer Zone in eine andere genießt einen minderen Vorrang als die Überführung verschleppter Personen.
  6. Bis auf das Zustandekommen einer diesbezüglichen Abmachung sind folgende ehemalige Wehrmachtangehörige vom Austausch ausgeschlossen: Kriegsverbrecher, Personen, die die öffentliche Sicherheit gefährden könnten, Generalstabsoffiziere, andere Wehrmachtoffiziere, die als gefährlich erachtet werden, und diejenigen, die sich in einer automatischen Haftgruppe befinden.
  7. Der Entlassungsschein muß in zwei Sprachen, und zwar in deutscher Sprache und in der Sprache der betreffenden Besatzungsmacht, abgefaßt werden. Sinngemäß findet diese Bestimmung auf etwaige handschriftliche Eintragungen Anwendung.
  8. In allen Zonen muß jedem Gefangenenlager bzw. Sammellager eine eigene laufende Nummernreihe für angemessene Eintragung auf jeden Entlassungsschein zugeteilt werden.

 

Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland 1946 Nr. 3 v. 31.1.1946 S. 43

Quelle: Eigener Bestand im Original

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