Das war die DDR

Erste Durchführungsbestimmung zur Verordnung zur Überführung von Konzernen und sonstigen wirtschaftlichen Unternehmen in Volkseigentum (Überführungsverordnung) vom 31. Mai 1949

VOBl. Groß-Berlin Teil 1 Nr. 28/1949 S. 149

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Auf Grund des § 5 der Verordnung zur Überführung von Konzernen und sonstigen wirtschaftlichen Unternehmen in Volkseigentum (Überführungsverordnung) vom 10. Mai 1949 (VOBI. 1 S. 112) wird bestimmt:

§ 1

Die Befugnisse der bisherigen Organe der in Liste B aufgeführten Unternehmen einschließlich ihrer Tochtergesellschaften sind mit dem Inkrafttreten der Überführungsverordnung erloschen. Etwaige spätere Verfügungen und sonstige das Vermögen dieser Unternehmen betreffende Handlungen der bisherigen Organe sind unwirksam.

§ 2

(1) Die Verwaltung des Vermögens der in Liste B aufgeführten Unternehmen einschließlich ihrer Tochtergesellschaften wird der

»Berolina«

Allgemeine Versicherungsanstalt von Groß-Berlin übertragen. Zu Verfügungen über Vermögensgegenstände ist die Zustimmung des Magistrats von Groß-Berlin, Abteilung Banken und Versicherungen, erforderlich.

(2) Bis zur endgültigen Errichtung der »Berolina« und der satzungsmäßigen Bestellung ihrer Organe wird die Verwaltung des Vermögens durch einen Sonderbeauftragten ausgeübt, der vom Magistrat von Groß-Berlin, Abteilung Banken und Versicherungen, bestellt wird.

§ 3

(1) Ein Versicherungsnehmer, der die Übernahme seiner Versicherungsverträge durch die »Berolina« gemäß § 2 Abs. 2 der Überführungsverordnung herbeiführen will, hat dies bis zum 31. Juli 1949 bei der »Berolina« oder dem Sonderbeauftragten unter Verlegung der Urkunden (Policen, Verträge, Mitglieds- oder Beitragsausweise usw. einschließlich aller Nachträge) und der letzten Prämien- oder Beitragsquittung zu beantragen. Antragsberechtigt ist nur derjenige, dessen Wohnsitz oder Versicherungsobjekt sich in Groß-Berlin befindet. Im Falle unverschuldeter Fristversäumung kann das Aufsichtsamt für das Versicherungswesen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewähren.

(2) Sachversicherungsverträge einschließlich Unfall- und Haftpflichtversicherungen sowie Krankenversicherungen werden ohne Einschränkung unter Anrechnung der gezahlten fälligen Prämien - jedoch höchstens bis zur Höhe eines Jahresbeitrages - übernommen.

(3) Lebens- und Sterbegeldversicherungsverträge werden bis zum Wert von 300,- Deutschen Mark der Deutschen Notenbank voll übernommen.

(4) Lebens- und Sterbegeldversicherungsverträge über den Wert von 300,- Deutschen Mark der Deutschen Notenbank hinaus werden mit dem darüber hinausgehenden Teil zunächst nicht übernommen (siehe Abs. 6), wenn bis zum Inkrafttreten der Überführungsverordnung mehr als die Hälfte der vertraglichen Beitragszahlungsdauer verstrichen ist oder ein Einmalbeitrag gezahlt wurde. Bei Versicherungen auf den Todesfall gilt als Ende der Beitragszahlungsdauer das vollendete 85. Lebensjahr des Versicherten.

(5) Laufende Renten aus Versicherungsverträgen werden zunächst vom 1. Mai 1949 bis 31. Dezember 1949 bis zur Höhe von 30,- Deutschen Mark der Deutschen Notenbank monatlich gezahlt.

(6) Die Einschränkungen für die Lebensversicherungsverträge und die Leistungen aus der Rentenversicherung entfallen ganz oder teilweise, sobald und soweit der »Berolina« das bisher angesammelte Deckungskapital zur Verfügung steht.

(7) Nicht übernommen werden Einzel- oder Gruppenversicherungsverträge von oder zugunsten von Kriegsverbrechern und aktiven Mitgliedern der NSDAP und deren Gliederungen sowie Versicherungsverträge faschistischer oder militaristischer Organisationen.

(8) Nicht übernommen werden Risiko-, Zeitschriften- und ähnliche Versicherungsverträge.

(9) Die von der »Berolina« übernommenen Versicherungsverträge werden im Interesse aller Versicherungsnehmer nach vereinheitlichten Tarifen und Bedingungen fortgesetzt. Bis zur Bekanntgabe dieser Tarife und Bedingungen sind die fälligen Prämien und Beiträge in der bisherigen Höhe weiterzuzahlen Soweit bei Prämien- oder Beitragsentrichtung nach dem 30. April 1949 durch die Anwendung des § 3 Überzahlungen entstehen, werden diese auf jeden Fall vergütet.

(10) In Streitfällen, die aus Anlaß der Übernahme oder Nichtübernahme von Versicherungsverträgen entstehen, entscheidet unter Ausschluß des ordentlichen Rechtsweges das Aufsichtsamt für das Versicherungswesen beim Magistrat von Groß-Berlin, Berlin C 2, Parochialstraße 2. Der Antrag muß innerhalb einer Frist von zwei Wochen seit Bekanntgabe der Entscheidung der »Berolina« schriftlich gestellt werden. Im Fall der unverschuldeten Fristversäumung kann das Aufsichtsamt für das Versicherungswesen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewähren.

§ 4

(1) Übernimmt die »Berolina« einen Versicherungsvertrag, so sind vom 1. Mai 1949 an alle Prämien- oder Beitragszahlungen an die »Berolina« zu bewirken.

(2) Hierbei gelten für die Antragsteller die vom festgelegten Übernahmezeitpunkt an bis zum 31. Juli 1949 fälligen Beiträge bis zum 1. August 1949 als gestundet, mit Ausnahme der Prämien für Versicherungsverträge nach § 3 Abs. 2.

§ 5

Deckung für Schadens- und Versicherungsfälle aus den von der »Berolina« übernommenen Verträgen besteht frühestens seit dem Inkrafttreten der Überführungsverordnung, also vom 1. Mai 1949 an.

§ 6

Die durch die Enteignung der in Liste B aufgeführten Unternehmen einschließlich ihrer Tochtergesellschaften eingetretenen Veränderungen sind nach Maßgabe besonderer Bestimmungen im Grundbuch und im Handelsregister einzutragen.

§ 7

Die Banken in Groß-Berlin sowie das Postscheckamt haben die Guthaben der in Liste B aufgeführten Unternehmen einschließlich ihrer Tochtergesellschaften auf ein Sammelkonto »Versicherungen« zu übertragen, über das die »Berolina« oder der Sonderbeauftragte gemäß § 2 verfügungsberechtigt ist.

§ 8

(1) Jede haupt- oder nebenberufliche, entgeltliche oder unentgeltliche Tätigkeit für die nach Liste B in Volkseigentum überführten Unternehmen einschließlich ihrer Tochtergesellschaften, insbesondere auch die Ausübung des Inkassos, durch Bezirksdirektionen, Bezirksstellen, Verwaltungsstellen, Bezirksdirektoren, Makler, Inkasso-Agenten, Vertreter und sonstige Personen ist verboten. Die für Tätigkeit im Versicherungswesen erteilte Gewerbeerlaubnis erlischt mit dem Inkrafttreten dieser Durchführungsbestimmung.

(2) Jede weitere selbständige Tätigkeit im Versicherungswesen ist von einer neuen Gewerbeerlaubnis abhängig, die nur mit Zustimmung des Aufsichtsamtes für das Versicherungswesen des Magistrats von Groß-Berlin, Berlin C 2, Altes Stadthaus, erteilt werden darf.

§ 9

Diese Durchführungsbestimmung tritt mit dem Tage ihrer Verkündung durch Veröffentlichung im Verordnungsblatt für Groß-Berlin in Kraft.

Berlin, den 31. Mai 1949

Der Magistrat von Groß-Berlin

Abteilung Banken und Versicherungen
Bullerjahn

Abteilung Finanzen
M. Schmidt

Abteilung Wirtschaft
Hemmann

Verordnungsblatt für Groß-Berlin Teil 1 Nr. 28/1949 S. 149

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